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Ethikunterricht

Statt wie üblich Kindern und Jugendlichen in den Schulen entsprechend der Weltanschauung ihrer Eltern getrennt Religionsunterricht und eventuell Ethikunterricht zu erteilen, wäre es besser, grundsätzlich alle Schüler/innen gemeinsam über Religionen und ethische Probleme zu unterrichten und mit allen gemeinsam zu diskutieren. Dagegen wehren sich die Kirchen vehement.

2005 wurde die 23-jährige deutsch-kurdische Berlinerin Hatun Sürücü von ihrem Bruder ermordet, weil sie sich den konservativen Vorschriften ihrer Familie entzogen hatte. Daraufhin hat der Berliner Senat entschieden, ab 2006 für die Klassen 7 bis 10 einen gemeinsamen Ethikunterricht als Pflichtunterricht einzuführen. Dies ist anscheinend von den Schüler/innen bis heute gut angenommen worden. Religionsunterricht wird – ebenfalls in den Stufen 7 bis 10 – nur noch als Wahlfach angeboten. Aber der Teufel steckt wieder mal im Detail, und es zeigt sich, dass auch hier die Kirchen und deren Anhänger/innen die Finger im Spiel haben.

Derzeit wird versucht, den Religionsunterricht wieder als Wahlpflichtfach anzubieten: https://taz.de/Religion-als-Schulfach-in-Berlin/!5923632/ .
Auch in NRW geht es drunter und drüber: https://hpd.de/artikel/phantom-wird-gesucht-praktische-philosophie-grundschule-kommt-nicht-21415 .

Zu den Möglichkeiten und Problemen des Berliner Ethikunterrichts hat Beate Turner eine Reihe von Texten verfasst. Es geht dabei besonders um die Vereinnahmung des Ethikunterrichts durch die Kirchen und kirchennahe Lehrer/innen und Autor/inn/en:

Ergänzendes zur Kritik an Lehrbüchern für den Ethikunterricht in Berlin

Kritik am Ethiklehrbuch „Abenteuer Mensch sein“, Klasse 9

Kritik am Ethiklehrbuch „Eine Welt für alle“, Klasse 9 / 10

Ethiklehrbuch „Abenteuer Ethik 2“, Klasse 9 / 10

Kommentar zum Ethiklehrbuch „Leben leben“ (2008)

Kritik zum Unterrichtsmaterial „Lebensfragen. Kontroversen zur Bioethik“ von www.1000fragen.de – Schüler- und Lehrerheft (Onlinefassung)

Analyse der Informations- und Aufgabenkarten des LISUMs Berlin – Brandenburg zum Thema Christentum

Turner macht nicht nur deutlich, wie schwach die religiös motivierte Argumentation in diesen Texten meist ist, sondern unterbreitet auch selbst viele gute Vorschläge für die schulische Erörterung ethisch relevanter Fragen. Ihre kritisch-konstruktiven Betrachtungen empfehle ich auch denen, die nicht unmittelbar als Lehrer, Eltern oder Schüler mit dem Ethikunterricht zu tun haben, sich aber für ethische Fragen und deren Diskussion in der Öffentlichkeit interessieren.

Ebenfalls empfehlen kann ich den 2021 erschienenen Artikel „Ethikunterricht für alle“ von Naila Chikhi:
https://hpd.de/artikel/ethikunterricht-fuer-alle-18898 .

Besonders empfehlenswert ist das als PDF kostenlos zugängliche Buch von Hartmut Kreß: Religionsunterricht oder Ethikunterricht? https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748932116.pdf

Bei einer GfK-Umfrage bevorzugten 72 % der Deutschen einen Ethikunterricht für alle:
https://hpd.de/artikel/72-prozent-fuer-gemeinsamen-ethik-unterricht-20271

Wolfgang Klosterhalfen (Düsseldorf)