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Religionsunterricht

Kritische Anmerkungen zum staatlich organisierten und finanzierten Religionsunterricht
(Wolfgang Klosterhalfen, Düsseldorf, Februar 2022)

1. Grundsätzliches

Aus Artikel 7 des Grundgesetzes:
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen. …

In Deutschland gibt es (ganz überwiegend katholische oder evangelische) Bekenntnisschulen und staatliche Schulen. „Bekenntnisfreie Schulen“, was immer auch das sein soll, gibt es nicht. In den Bekenntnisschulen muss entsprechend dem dort geltenden Glauben Religionsunterricht erteilt werden. In staatlichen Schulen muss Religionsunterricht bei entsprechender Nachfrage angeboten werden. In Deutschland gibt es ca. 70.000 katholische Religionslehrer/innen und vermutlich ähnlich viele evangelische. Diese sollen zwar im Auftrag ihrer Kirchen absurde Glaubensinhalte an ihre Schüler/innen weitergeben, dürften aber nicht selten den kirchlichen Lehrmeinungen relativ kritisch gegenüber stehen und sich z.B. von einer Ablehnung der Homosexualität und dem skandalösen Umgang mit Missbrauchsopfern distanzieren. Auch die amtliche Auffassung, die Autoren der Bibel seien vom Heiligen Geist inspiriert worden, dürften keineswegs alle Lehrer/innen teilen. Kürzlich las ich sogar ein außerordentlich bibelkritisches Buch eines ehemaligen Religionslehrers: „ReLÜGion – Verkündigung wider besseres Wissen“ (2021) : https://reimbibel.de/reluegion .

Die Schulen sollten Erkenntnisse, aber nicht Bekenntnisse vermitteln. Der Verstand sollte die Oberhand behalten, nicht faschistoide Wahnvorstellungen (ein großer Bruder beobachtet jeden und wird Sünder ewig in der Hölle quälen). Der Staat sollte die religiöse Gehirnwäsche von Kindern höchstens tolerieren, aber nicht organisieren und finanzieren. Und sich endlich konsequent an den weiterhin gültigen Artikel 137 der Weimarer Reichsverfassung von 1919 halten: „Es besteht keine Staatskirche. Jede Religionsgemeinschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig. …“

In der BRD gibt es jedoch eine starke rechtliche und finanzielle Privilegierung der Kirchen durch den Staat: https://www.fr.de/meinung/caritas-legende-11670065.amp.html . Die staatlich geförderte religiöse Indoktrination beginnt oft schon in den evangelischen und katholischen Kindergärten, die ganz überwiegend nicht von den Kirchen, sondern vom Staat und den Eltern finanziert werden. Der Staat finanziert sowohl die Ausbildung von Religionslehrer/inne/n als auch deren berufliche Tätigkeit. 2008/2009 erhielten staatliche und kirchliche Religionslehrer/innen nach Berechnungen von Carsten Frerk (Violettbuch Kirchenfinanzen) zusammen etwa 1,6 Milliarden Euro.

Statt Kinder jüdischer, evangelischer, katholischer, muslimischer und atheistischer Eltern voneinander getrennt in unterschiedlichen Schulen und Fächern zu unterrichten, sollten sie über religiöse, philosophische, psychologische und ethische Fragen gemeinsam diskutieren können. Dazu sollten in der BRD die Verfassungen der Länder geändert und ein fachübergreifender Unterricht eingeführt werden, der nicht religiös indoktriniert und stattdessen dem friedlichen Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichem ethnischen und religiösen Hintergrund dient. Sogar in Bayern ist nur noch eine Minderheit dafür, entweder Religions- oder Ethikunterricht zu erteilen: reimbibel.de/gfk2022.

2. Zur Gestaltung des Religionsunterrichts in den Bundesländern

Sowohl die Judenpogrome als auch die verbrecherischen Kriege unter Hitler wurden wesentlich von den Kirchen unterstützt: https://reimbibel.de/kirche-im-dritten-reich/ . Das hat sie nicht daran gehindert, sich nach 1945 als organisatorisch gut erhaltene und immer noch hoch angesehene Institutionen aus der Asche zu erheben und massiv Einfluss auf die Politik zu nehmen. Dies geschah auch auf der Ebene der für die Kultur – und damit auch für die Schulen – zuständigen Länder und Kommunen. Das kirchenfreundliche Reichskonkordat, das schon 1933 mit dem Papst geschlossen wurde, gilt bis heute und wird auch auf die EKD angewendet: https://de.wikipedia.org/wiki/Reichskonkordat . Ab 1990 sind die Kirchen der BRD auch wieder in der ehemaligen DDR religiös und politisch tätig und dort trotz geringer Mitgliederzahl sehr einflussreich.

Die Situation ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. In Berlin ist die Teilnahme am Religionsunterricht seit 2006 freiwillig, der Ethikunterricht aber Pflicht: https://reimbibel.de/ethikunterricht/ . In Brandenburg gibt es „Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde“ als Pflichtfach, Religionsunterricht ist freiwillig. In Hamburg hat man begonnen, alle Kinder durch studierte Religionslehrer/inne/n gemeinsam zu unterrichten. Unter Leitung der ev. Kirche sind daran auch islamische Organisationen und die jüdische Gemeinde beteiligt. In der sächsischen Verfassung steht: „Die Bedeutung der Kirchen und Religionsgemeinschaften für die Bewahrung und Festigung der religiösen und sittlichen Grundlagen des menschlichen Lebens wird anerkannt.“ In der Verfassungspräambel von Thüringen heißt es: „und auch in Verantwortung vor Gott“. Der ehemalige Verwaltungsrichter Gerhard Czermak schreibt dazu in dem Ratgeberbuch „Konfessionslos in der Schule“ auf Seite 24, die Verfassungen von Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein „enthalten keine Bestimmungen, die in religiös-weltanschaulicher Hinsicht auffällige Besonderheiten enthielten. … Insgesamt ist festzustellen, dass vorwiegend die Verfassungen von bevölkerungsstarken Ländern der alten Bundesrepublik zum Teil sehr deutlich religiöse Prägungen enthalten: Baden-Württemberg, Bayern (hauptsächlich Grund- und Hauptschulen), Nordrhein-Westfalen, Saarland.“

3. Zum Religionsunterricht in NRW

„Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen und Bereitschaft zum sozialen Handeln zu wecken, ist vornehmstes Ziel der Erziehung. …“ (§ 2,2 des Schulgesetzes; § 7 der Landesverfassung)

Außer den 1889 Gemeinschaftsgrundschulen gab es 2020/21 in NRW 803 römisch-katholische und 89 evangelische Grundschulen. Dadurch wurden viele befreundete Kinder getrennt, und es wurden ihnen und ihren Eltern unnötig lange Schulwege zugemutet. Weniger als die Hälfte der Schüler/innen von Bekenntnisschulen (bzw. deren Eltern) haben das „richtige“ Bekenntnis, müssen aber am jeweiligen Religionsunterricht teilnehmen. Gegen diese aberwitzigen Bekenntnisschulen protestiert seit 2009 die überkonfessionelle Bürgerinitiative „Kurze Beine – Kurze Wege“: https://www.kurzebeinekurzewege.de/ueber-uns/ . Siehe auch https://reimbibel.de/bekenntnisschulen .

Auch konfessionsfreie und muslimische Eltern müssen über ihre Steuern den Religionsunterricht und die Bekenntnisschulen mitbezahlen. Dies steht im Widerspruch zu Artikel 3 (3) GG: „Niemand darf wegen … seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Die Privilegierung der Kirchen und ihrer Mitglieder bei gleichzeitiger Benachteiligung des Rests der Bevölkerung beruht auf der überwiegend irrigen Vorstellung, die Verbreitung der von den beiden großen Kirchen vertretenen irrationalen Glaubensinhalte würde einem – auch später – friedlichen Zusammenleben von „römisch-katholischen“ (30.8 %), „konfessionslosen“ (21.3 %), „evangelischen“ (20.4 %), „muslimischen“ (20.2 %) und „sonstigen gläubigen“ (7.4%) Kindern dienen. (Zahlen vom Schuljahr 2020/21) Es ist natürlich auch heute nicht zu erwarten, dass durch weltanschaulich bestimmte Trennung und Indoktrination in den Schulen sich z.B. evangelisch und katholisch oder jüdisch und islamisch oder christlich und religionsfrei erzogene Kinder besser miteinander vertragen werden, als wenn sie gemeinsam zur Schule gehen und gemeinsamen einen neutralen Religionskunde- und Ethikunterricht https://reimbibel.de/ethikunterricht besuchen.

Man könnte viel Geld, Mühe und späteren Streit sparen, wenn alle Kinder Fächer wie Religionskunde, Lebenskunde, Ethik, Philosophie und Psychologie gemeinsam besuchen und dort lernen würden, mit weltanschaulichen und mentalen Unterschieden gelassener umzugehen. Dort könnte Wissen vermittelt, über ethische und Sinnfragen gesprochen und in Projekten soziales Verhalten geübt werden.

4. Kritische Anmerkungen zu „FRAGEN UND ANTWORTEN ZUM RELIGIONSUNTERRICHT IN NORDRHEIN-WESTFALEN“ des Schulministeriums in NRW www.schulministerium.nrw/en/node/14690

Welche besonderen Perspektiven bietet der Religionsunterricht heute?
Die Religionszugehörigkeit und die Auseinandersetzung mit verschiedenen Religionen bilden die kulturelle Basis und Identität vieler Menschen.

Das ist Unsinn. Sowohl das Selbstbild einer Person als auch deren Beurteilung durch andere hängen auch von zahlreichen weiteren Faktoren ab: z.B. Alter, Geschlecht, Aussehen, Intelligenz, psychische Belastbarkeit, Sozialverhalten. Unsere Kultur wird „gottseidank“ nicht nur von den Kirchen, sondern von der gesamten Gesellschaft einschließlich Wissenschaft, Technik und Kunst geprägt.

Religionsunterricht trägt dazu bei, dass Schülerinnen und Schüler eine eigene Wertehaltung entwickeln, sie kritisch überprüfen und Brücken des Respekts, des Verständnisses und Miteinanders aufbauen.

Ziel der Kirchen ist es, durch den Religionsunterricht zur Entwicklung und Festigung des Glaubens und christlicher Einstellungen beizutragen. Dabei sollen nicht eigene Wertehaltungen entwickelt, sondern der jeweilige Glauben und die Wertvorstellungen der Kirche so vermittelt werden, dass die Schüler/innen sie zu ihren „eigenen“ machen. Nicht zuletzt sollen die Religionslehrer/innen dazu beitragen, dass das große Ansehen der Kirchen erhalten bleibt (oder wieder hergestellt wird), und die Kinder und Jugendlichen später gern bereit sind, als Kirchenmitglieder Kirchensteuer zu zahlen, sich als Kirchenmitglieder zu engagieren und die CDU zu wählen.

Da sich die Bischöfe und Pfarrer großenteils weigern, die Erkenntnisse der kritischen Theologie an theologische Laien weiterzugeben, sind kritisch denkende Religionslehrer/innen in einer schwierigen Lage. Der größere Teil ihrer „Kundschaft“ interessiert sich wenig für die Bibel und den Glauben, und die eigentlich gebotene kritische Herangehensweise an ihre Religion könnte den Arbeitsplatz der Lehrer/innen gefährden. Ich vermute daher, dass sich viele von ihnen unter dem Radar der kirchlichen Aufsicht „durchschlängeln“, und es so vermeiden, aus dem Paradies der Festanstellung vertrieben zu werden.

Je mehr Kinder und Jugendliche übereinander wissen, desto besser klappt das Zusammenleben.

Eine steile These. Denn ein Kind, das Intimes aus dem eigenen Leben und Erleben oder aus seiner Familie preisgibt, macht sich angreifbar. Hier bedarf es einer behutsamen Führung durch die Lehrerschaft. Und vermutlich einer Akzentverschiebung in deren Ausbildung, so dass Psychologisches dort mehr Raum bekommt. Ein großes Problem in den Schulen ist nämlich das Mobbing. Dies sollte zukünftig in den Schulen intensiver behandelt werden. Bevor es um Nächstenliebe geht, sollte erst mal ein fairer Umgang mit den Mitschüler/inne/n und Solidarität mit den Opfern von Mobbing geübt werden. Näheres zum Mobbing: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/MobbingSchule.shtml .

Auch im Mittelpunkt des Religionsunterrichts stehen Kenntnisse über Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Sie sollen im Religionsunterricht reflektiert und mit Leben gefüllt werden.

a) Freiheit
Dabei sollte besonders auf die Freiheit eingegangen werden, die die Staatsanwaltschaften der BRD bis heute den Kirchen bei Missbrauch und dessen Vertuschung gelassen haben. Hier riecht es stark nach Rechtsbeugung und Strafvereiteltung. Den Eifer der Kirchen bei der Aufklärung von Missbrauch und Vertuschung hat Jacques Tilly hier wieder einmal gut auf den Punkt gebracht: https://www.grossplastiken.de/aktuelles/haengemattenbischof-2021 . Viele Schüler/innen werden nicht wissen, dass auch im Vatikan systematisch Missbrauchsvertuschung betrieben wurde. Siehe z.B. https://reimbibel.de/missbrauchsvertuscher-kardinal-joseph-ratzinger/ .

In einem Cartoon von Jacques Tilly heißt es zurecht: „Gegen erbitterten kirchlichen Widerstand wurden durchgesetzt: Menschenrechte, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, Rechtsstaat, Frauenemanzipation, Aufhebung der Sklaverei, Folterverbot, Abschaffung der Todesstrafe, Freiheit der Kunst, Abschaffung der Prügelstrafe, Tierrechte.“ Dazu ein katholischer Bischof: „Ok, ok: aber das Patentrecht für die Nächstenliebe liegt immer noch bei uns!“ https://reimbibel.de/tilly1

b) Gerechtigkeit
Wenn es um Gerechtigkeit geht, kann der Gott der Bibel wegen seiner maßlosen Brutalität zumindest als abschreckendes Beispiel dienen. Er droht mit Sippenhaft, rottet Völker aus, erlaubt Sklaverei und die Unterdrückung von Frauen, befiehlt die Ermordung von Homosexuellen und Andersgläubigen. Seinen eigenen Sohn lässt er besonders qualvoll hinrichten.

c) Solidarität
Kirchen und Politik betrachten Menschen als Egoisten, die altruistisch handeln, wenn sie dafür belohnt werden. Deswegen erscheint ihnen auch eine gut bezahlte Tätigkeit von Predigern und Religionslehrern notwendig zu sein. Würden nur Laien ehrenamtlich die Kirche verwalten und sog. Gottesdienste und Religionsunterricht abhalten, wäre zu befürchten, dass das Lügengebäude „Kirche“ zusammenbrechen würde. Tatsächlich sind aber Menschen in hohem Maße intrinsisch motiviert, anderen Lebewesen zu helfen. Dieses – trotz letztlich egoistischer Gene – biologisch vorgegebene Bedürfnis geht sogar zurück, wenn man es künstlich durch Belohnung fördern will. Dass auch bei den vielen der Menschheit noch bevorstehenden Katastrophen mit viel echter Hilfsbereitschaft gerechnet werden kann, hat Andreas von Westphalen in der folgenden DLF-Sendung näher begründet: https://reimbibel.de/altruismus-deutschlandfunk-2022/ .

Thema sind auch essentielle Fragen wie: Was bedeuten für mich Liebe, Leid, Tod, oder was ist der Sinn des Lebens?

a) Liebe
Siehe dazu: https://reimbibel.de/liebe-in-der-bibel/ .

b) Leid
Das Leiden scheint zum Leben aller Menschen zu gehören: Kummer, Angst, Depression, Minderwertigkeitsgefühle, Liebeskummer, Kränkung, Trennung, Tod eines Angehörigen, Schuldgefühle, Einsamkeit, Verzweiflung, Geburtsfehler, Krankheiten, Verbrechen, Hunger, Dürre, Hitze, Kälte, Mangel an sauberem Wasser, Plagen, Katastrophen, Krieg, Unfälle, Schmerzen, Armut, Elend, Not, Vertreibung, Siechtum, Gebrechen. In unterschiedlicher Häufigkeit, Dauer und Intensität haben viele Menschen darunter zu leiden.

Da Gott angeblich allmächtig und gütig ist, stellt sich für Gläubige das sog. Theodizee-Problem, das ich hier in Reimen beschrieben habe: https://reimbibel.de/theodizee/ . Angesichts des Leids in der Welt ist jedem, der seinen Verstand nicht an der Kirchentür abgegeben hat, klar, dass Gott nicht sowohl allmächtig als auch gütig sein kann. Die Versuche von Theologen, dies Problem zu „lösen“, wirken hilflos: Gott sei unbegreiflich, er wolle den Menschen (wie schon Hiob) prüfen und ihm Gelegenheit geben, Nächstenliebe zu zeigen.

Das Christentum ist eine Leid-Kultur, in deren Zentrum das Leiden Jesu steht. Unter Bezug auf dessen Passion wird das Leiden des Menschen z.B. wie folgt erhöht und verklärt:

„Über Jahrhunderte und Generationen hinweg hat sich immer wieder herausgestellt, daß Leiden eine besondere Kraft in sich birgt, die den Menschen innerlich Christus nahebringt, eine besondere Gnade also. Ihr verdanken viele Heilige, wie zum Beispiel der hl. Franziskus, der hl. Ignatius von Loyola u.a., ihre tiefe Umkehr. Frucht einer solchen Umkehr ist nicht nur die Tatsache, daß der Mensch die Heilsbedeutung des Leidens entdeckt, sondern vor allem, daß er im Leiden ein ganz neuer Mensch wird. Er entdeckt gleichsam einen neuen Maßstab für sein ganzes Leben und für seine Berufung. Diese Entdeckung ist eine besondere Bestätigung für die Größe des Geistes, der im Menschen auf unvergleichliche Weise den Leib überragt. Wenn dieser Leib schwerkrank ist und völlig daniederliegt, wenn der Mensch gleichsam unfähig zum Leben und Handeln geworden ist, treten seine innere Reife und geistige Größe um so mehr hervor und bilden eine eindrucksvolle Lehre für die gesunden und normalen Menschen.“ Papst Johannes Paul II., 1984, https://www.vatican.va/content/john-paul-ii/de/apost_letters/1984/documents/hf_jp-ii_apl_11021984_salvifici-doloris.html .

Zu dem vielen Irrsinn, den die Römisch-katholische Kirche propagiert, gehört auch die Verehrung von „Mutter“ Teresa, die 2016 heiliggesprochen wurde: https://reimbibel.de/mutter-teresa/ . Sterbende Hindus wollte diese unbarmherzige Schwester missionieren und sich durch deren Leiden Jesus nahe fühlen.

c) Sinn des Lebens
Die einen sagen so, die anderen so. Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Sinn_des_Lebens . Man sollte sich ausreichend, aber nicht zu viel um sich selbst und um andere kümmern. An sich selbst und an andere Menschen möglichst realistische Erwartungen haben. Gute Ideen und Organisationen unterstützen, vielleicht sogar selbst hervorbringen. Üble Ideen und Organisationen nach Kräften bekämpfen, es dabei aber auch nicht übertreiben. In „Der Sinn des Lebens“ (The Meaning of Life), einem Film der britischen Komikertruppe Monty Python, gibt eine Fernsehansagerin den Sinn des Lebens bekannt: „Seien Sie nett zu Ihren Nachbarn, vermeiden Sie fettes Essen, lesen Sie ein paar gute Bücher, machen Sie Spaziergänge und versuchen Sie, in Frieden und Harmonie mit Menschen jeden Glaubens und jeder Nation zu leben.“ Solche guten Ratschläge sollte man natürlich befolgen. Und nicht zu viel über den Sinn des Lebens nachgrübeln.

Religionsunterricht kann auch helfen, sogenannten „einfachen“ Lösungen entgegenzutreten, wie sie von manchen fundamentalistisch orientierten Gruppen angeboten werden.

RU kann auch helfen, dass sich jemand zunächst verstärkt für moderate religiöse Auffassungen interessiert und von dort aus zu fundamentalistischen Positionen kommt. Gäbe es keine Religionen, gäbe es auch keine gewaltbereiten Religioten. Wenn fünf Schüler der besonders engagierten islamischen Religionslehrerin Lamya Kaddor dem IS anschließen, spricht das nicht gerade dafür, dass man mit Religionsunterricht viel zum friedlichen Zusammenleben beitragen kann: https://www.zeit.de/politik/2013-05/extremismus-dschihad-syrien-schueler-lamya-kaddor .

Er ermöglicht somit eine systematische und differenzierte Auseinandersetzung mit vielfältigen religiösen und moralischen Werten unserer Gesellschaft vor dem Hintergrund der eigenen konfessionellen Identität.

Für eine solche Auseinandersetzung eignet sich besser ein nicht konfessioneller Religionskunde- und Ethikunterricht.

Was lernen Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht?
Religionsunterricht bietet mehr als ethische Orientierung.

Da Religionen von uralten Fantasiegeschichten ausgehen, viel Unsinn enthalten und vor allem die abrahamitischen Religionen intolerant sind und Gewalt verherrlichen, tragen sie nicht zu einer angemessenen ethischen Orientierung bei, wie sie z.B. in der Erklärung der Menschenrechte (UN, 1948) niedergelegt sind: https://www.amnesty.de/alle-30-artikel-der-allgemeinen-erklaerung-der-menschenrechte .

Neben der Vermittlung von grundlegendem Wissen über die eigene Religion und ihren kulturellen und historischen Kontext schaut der Religionsunterricht hinter die „ersten“ und die „letzten“ Dinge, gerade auch dort, wo andere Wissenschaften keine Antworten geben können…

Andere Wissenschaften? Religion ist nicht Wissenschaft, sondern Irrsinn.

a) Die „ersten“ Dinge
Über das uns bisher bekannte riesige Universum weiß die Bibel so gut wie nichts. Die beiden Schöpfungsberichte mag man schön finden, aber wissenschaftlich sind sie wertlos. Statt Kinder und Jugendliche religiös zu indoktrinieren, sollten sie schon in der Grundschule etwas über die Evolution erfahren: https://evokids.de/ , https://www.youtube.com/watch?v=X-j3I4kjHWI . Das Buch Genesis schaut nicht hinter die ersten Dinge, sondern erzählt unwahren und hochproblematischen Unsinn.

b) Die „letzten“ Dinge
Zu den letzten Dingen gehört das Sterben. Es scheint, dass die meisten Tiere und Menschen unter Qualen sterben. Während es erlaubt und üblich ist, Haustieren sinnloses Leiden vor dem Tod zu ersparen, ist das Töten von Menschen, auch wenn dies vom Sterbenden erbeten wird, durch § 216 StGB verboten. Die inzwischen wieder legale ärztliche Suizidhilfe wurde und wird von kirchennahen Politiker/inne/n bis heute stark behindert: https://217stgb.com . Es ist weiterhin zu befürchten, dass kirchennahe Abgeordnete (die es nicht nur in der CDU/CSU gibt) einen neuen § 217 verabschieden werden, der psychiatrische Begutachtungen und lange Wartefristen vorschreibt. Das für einen Suizid besonders geeignete Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital darf in Deutschland weiterhin nur an Tierärzte ausgeliefert werden. Derzeit dürfte es sehr schwierig sein, hierzulande einen Arzt zu finden, der grundsätzlich bereit ist, notfalls Suizidhilfe zu leisten. Besser sieht es im Bereich der Palliativmedizin aus. Aber hier gibt es immer noch eine Unterversorgung. Dem steht eine zum Teil hochkriminelle, pseudomedizinische Lebensverlängerungsindustrie gegenüber, die profitorientiert ist und durch unnötige Eingriffe und Behandlungen Menschen möglichst lang am Sterben hindert. Siehe Matthias Thöns: Patient ohne Verfügung.

Tote Menschen werden verbrannt oder zerfallen langsam in ihre Bestandteile. Wiederauferstehung und Jüngstes Gericht mit anschließender Unterbringung im Himmel oder in der Hölle sind vermutlich nicht mehr als ein fast 2000 Jahre altes Gerücht.

Schülerinnen und Schüler lernen im Religionsunterricht auf der Grundlage der heiligen Schriften ihres Bekenntnisses. An Beispielen aus der Geschichte und dem Leben sowie den Traditionen der Kirchen und Religionsgemeinschaften beschäftigen sich Kinder und Jugendlichen altersgemäß mit den Grundzügen eines religiös geprägten Lebens. So lernen sie Wertmaßstäbe und Orientierungen zu entwickeln, „hinter die Dinge zu sehen“ und die Welt als „Schöpfung“ zu verstehen .

Es ist erstaunlich, dass auch heute noch vielen Menschen die Bibel heilig ist. Den meisten Menschen ist dies leider extrem einflussreiche Buch so „heilig“, dass sie es erst gar nicht in die Hand nehmen oder nur einzelne Passagen daraus lesen. Davon profitieren die Kirchen, die aus diesem an Grausamkeiten Gottes reichen Sammelwerk „Rosinen“ herauspicken und behaupten, der ebenfalls heilige Geist Gottes habe die Autoren dieser üblen Schriften inspiriert.

Von längst schon bei anderen Völkern bekannten Verboten und Geboten abgesehen, liefert die Bibel weder Wertmaßstäbe noch Orientierung, sondern beschreibt Gott als einen besonders üblen Psychopathen: https://reimbibel.de/grauenvolles-aus-dem-alten-testament/ . In Teil 1 dieser schrecklichen Schrift droht und mordet dieser eifersüchtige Gott immer wieder wie ein Verrückter. In Teil 2 ruft er dazu auf, seinen Nächsten und sogar seine Feinde zu lieben. Zum Verständnis des Universums trägt die Bibel nichts, zum Verständnis der Natur und des Lebens auf der Erde nur wenig bei.

Da es sich bei den „heiligen Schriften“ um eine Mischung von Irrtum und Schwindel handelt, schaut man nicht „hinter die Dinge“, sondern wird als Schüler/in zum Teil immer noch dazu verleitet, an einen fiktiven „Schöpfer“ zu glauben, der die Welt an sechs Tagen, Adam aus Lehm und Eva aus einer Rippe erschaffen hat. Zwar kann auch die Evolutionslehre nicht alles erklären, aber sie führt zu einem wesentlich besseren und vor allem realitätsnahen Verständnis des Universums, der Erde, der Pflanzen, Menschen, Tiere und Mikroorganismen als die Mythen, Märchen und Legenden der Bibel und die Katechismen der Kirchen.

Ein wichtiges Ziel des Religionsunterrichts ist dabei, das Zusammenleben mit Angehörigen anderer Glaubensgemeinschaften in gegenseitiger Achtung und Zuwendung zu fördern. Schülerinnen und Schüler lernen, dass Offenheit, Toleranz und Respekt zwischen Menschen und Gesellschaften mit verschiedenen Religionen und Weltanschauungen wichtig sind. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil der persönlichen Identitätsbildung. …

Ob der RU tatsächlich Achtung, Zuwendung, Offenheit, Toleranz und Respekt gegenüber Andersgläubigen und sog. Atheist/inne/n fördert, weiß niemand. Es ist eher zu erwarten, dass die „eigenen“ Vorstellungen gefestigt werden, und das Verständnis für andere Welt- und Jenseitsanschauungen gering bleibt. Sogar schon geringfügige Unterschiede in den religiösen Auffassungen von Katholiken und Protestanten sowie Sunniten und Schiiten haben bis in die Gegenwart dazu geführt, dass sich von „Experten“ beeinflusste Menschen gegenseitig die Schädel eingeschlagen haben. Motto: „Du wirst dran glauben oder du wirst dran glauben.“

Zu den religiösen Traditionen von gläubigen Juden und Muslimen gehört die gesetzlich ausdrücklich erlaubte Beschneidung der Vorhaut von männlichen Säuglingen und Knaben. Eine irreversible Körperverletzung und Sauerei erster Güte: https://www.deutschlandfunkkultur.de/beschneidung-bei-jungen-kann-eine-koerperverletzung-erlaubt-100.html .

Ist Religionsunterricht verpflichtend?
Bekenntnisorientierter Religionsunterricht ist ordentliches Unterrichtsfach, das auch benotet wird. Grundlage sind Artikel 7 des Grundgesetzes und Artikel 14 der Landesverfassung sowie das Schulgesetz für Nordrhein-Westfalen. 

Der Religionsunterricht in einem Bekenntnis wird allgemein vom Schulministerium eingeführt. Der jeweilige Religionsunterricht wird in Übereinstimmung mit Grundsätzen der Kirche/Religionsgemeinschaft erteilt. …

Ist eine Befreiung vom Religionsunterricht möglich?
Schülerinnen und Schüler können sich vom Religionsunterricht abmelden. Bei Schülerinnen und Schülern, die noch nicht 14 Jahre alt und somit noch nicht religionsmündig sind, erfolgt die Abmeldung durch die Eltern. Umgekehrt können Schülerinnen und Schüler in Abstimmung mit der unterrichtenden Religionslehrkraft auch dann am Religionsunterricht teilnehmen, wenn sie dem jeweiligen Bekenntnis nicht angehören.

Sofern der Unterricht interessant ist, kein guter „Ersatzunterricht“ angeboten wird, und sich die eigene kritische Einstellung zu Glauben und Kirche nicht negativ auf die Zensur auswirkt, kann es sinnvoll sein, auf das Recht auszutreten zu verzichten. Von intensiven Auseinandersetzungen mit stark religiös indoktrinierten Eltern möchte ich Kindern und Jugendlichen grundsätzlich abraten. Außerdem sollte man sich einen Austritt aus der Kirche gut überlegen, wenn man vorhat, eventuell im sozialen oder medizinischen Bereich beruflich tätig zu werden.

Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe l, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, erhalten in vielen Schulen das verpflichtende Angebot „Praktische Philosophie“. In der Sekundarstufe ll wird das Fach „Philosophie“ erteilt.

Siehe dazu https://reimbibel.de/ethikunterricht/ . Wird kein „Ersatzunterricht“ angeboten, muss die Schule wegen ihrer Aufsichtspflicht fürs „Heidenhüten“ (Petra Daheim) sorgen.

Ist die Teilnahme am Schulgottesdienst oder an religiösen Festen verpflichtend?
Der Schulgottesdienst ist eine freiwillige schulische Veranstaltung. Die Schülerinnen und Schüler entscheiden unabhängig von ihrer Teilnahme am Religionsunterricht, ob sie am Schulgottesdienst teilnehmen. Bei noch nicht 14 Jahre alten Schülerinnen und Schülern entscheiden dies die Eltern. Für Schülerinnen und Schüler, die nicht am Schulgottesdienst teilnehmen, stellt die Schule die Aufsichtspflicht sicher. …

Wider die religiöse Verblödung
Religionen trennen, spalten, weil „die Wahrheit“ sie verwalten, sich für überlegen halten.
Doch um Zukunft zu gestalten, hilft uns nicht das Händefalten.

Die den Glauben progagieren, Kinder schon indoktrinieren, sollten langsam mal kapieren,
dass sie sich nur noch blamieren, wenn sie über „Gott“ dozieren.

Die den Unsinn kultivieren, kann und muss man kritisieren, wenn sie Kinder infizieren,
drohen und moralisieren und oft Andre diffamieren.

Ergänzung Nr. 1 (7.4.2022)
„Alle Schüler sollten gemeinsam im Fach Ethik unterrichtet werden. Dafür sprechen
sich 72 Prozent der 4.030 von der GfK repräsentativ ausgewählten Bürger im Alter
von 18 bis 74 Jahren aus. Sowohl die Konfessionsfreien als auch die sich einer
Religion zugehörig fühlenden Bürger stehen mit großer Mehrheit hinter einem
Ethik-Unterricht für alle.
Auftraggeber der vom 24. Februar bis 20. März durchgeführten Repräsentativstudie ist
der Bund für Geistesfreiheit Bayern (bfg). Dessen Vorsitzender Erwin Schmid fordert nach
diesem eindeutigen Meinungsbild „eine Politik für den Zusammenhalt der Gesellschaft
und keine Interessenpolitik für religiöse Verbände. Wer ein friedliches Zusammenleben
fördern will, muss das Gemeinsame stärken und nicht das Trennende.““
https://hpd.de/artikel/72-prozent-fuer-gemeinsamen-ethik-unterricht-20271

Ergänzung Nr. 2 (13.4.2022)
Zur Unterstützung des russischen Kriegs gegen die Ukraine durch die russisch-orthodoxe Kirche:
https://www.uni-muenster.de/Religion-und-Politik/aktuelles/2022/PM_Allianz_Kirche_Staat_Russland.html
https://hpd.de/artikel/unheilige-russische-allianz-20295
https://www.tagesspiegel.de/politik/oligarch-der-religionen-patriarch-kyrill-und-putins-krieg/28147128.html
https://www.katholisch.de/artikel/33773-patriarch-kyrill-i-schuetzt-die-moerder
https://hpd.de/artikel/amtsenthebung-patriarch-kyrill-gefordert-20289

Ergänzung Nr. 3 (4.6.2022)
Schriften zum Weltanschauungsrecht 3:
Hartmut Kreß: Religionsunterricht oder Ethikunterricht? Entstehung des Religionsunterrichts – Rechtsentwicklung und heutige Rechtslage – politischer Entscheidungsbedarf
PDF, 238 Seiten, kostenlos ins Netz gestellt vom Institut für Weltanschauungsrecht der gbs:
https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783748932116.pdf

Ergänzung Nr. 4 (Artikel vom 14.6.2016 in der SZ)
Wie sich der Religionsunterricht in Deutschland verändert hat
https://www.sueddeutsche.de/bildung/schule-wie-sich-der-religionsunterricht-in-deutschland-veraendert-hat-1.2987758-0#seite-2

Ergänzung Nr. 5 (19.10.2023, Artikel von Ende 2021)
https://hpd.de/artikel/fallstricke-beim-umgang-religionsunterricht-grundschule-21659