Prof. Uwe Lehnert
Die Bibel in Reimen – so wird sie lesbar, amüsant und . . . augenöffnend
Rezension aus Deutschland vom 24. Juli 2021
Verifizierter Kauf
Über die Jahrhunderte äußerten nur sehr mutige Theologen oder dem Zugriff der Kirche entzogene Philosophen ihre kirchen- und religionskritischen Auffassungen. Inzwischen allerdings entdeckten immer mehr Menschen unterschiedlichster gesellschaftlicher Stellung und beruflicher Orientierung nicht nur den Widerspruch zwischen christlichem Glauben und Vernunft, zwischen biblischer Lehre und eigener Lebenserfahrung, sondern bekundeten auch ihre Gründe für die Abkehr von Religion und Glauben in Wort und Schrift. Das geschieht in Form einer bisher nicht gekannten Vielzahl publizierter religions- und kirchenkritischer Bücher aus der Feder von „Laien“ (siehe z. B. hier bei Amazon unter „Religions- und Kirchenkritik“!), in Form einer Fülle von privat betreuten Internetseiten, die sich der Kritik an Religion und Kirche im weitesten Sinn widmen, in Form von Filmen und Videoclips (siehe z. B. das Internet-Videoportal YouTube), Dokumentationen und gelegentlich wenigstens spätabendlichen Diskussionsrunden in Rundfunk und Fernsehen. Insgesamt mit Ergebnissen, die die Kirchen nicht erfreuen können. Aber auch viele Kabarettisten greifen solche
Themen inzwischen publikumswirksam auf. Denn die Weltferne, Anmaßung und Heuchelei vieler offizieller Vertreter der Kirchen, auch anderer Religionen, liefern ihnen treffliche Vorlagen für entlarvende Pointen.
In die Riege der spöttischen Kritiker reiht sich Wolfgang Klosterhalfen ein mit seiner „Kleinen Reimbibel“. In diesem ersten Band nimmt er sich das Alte Testament vor und setzt wesentliche Abschnitte dieses Teils des „Buchs der Bücher“ in Verse um. Allerdings gießt er diese in eine Form, die ihren wahren Gehalt bloßlegt. Dabei macht er gleichzeitig das Lesen zum Vergnügen, wenn auch mitunter zu einem makabren. Denn die Bibel ist zur Grundlage einer Lehre geworden, die im Diesseits eine grausame und blutige Spur durch die Geschichte gezogen hat. Auch wenn immer noch viele Menschen hoffen, dass dieser Glaube ihnen die Erlösung dereinst im Jenseits bringen wird.
Schaut man in dieses biblische Konglomerat von Mythen, Kriegsberichten, Phantasien, Ausschweifungen, Strafandrohungen, Vergeltungsaktionen, Verboten, Ergebenheitsadressen, durchsetzt von Lebensweisheiten und Verhaltensvorschriften als angebliches Wort Gottes, erklärt sich vieles an „Ungereimten“. Klosterhalfen setzt dem seine Sicht der Dinge entgegen: bissig, spöttisch, mal derb, mal empört, inhaltlich immer eng am Originaltext orientiert. Klosterhalfen präsentiert kabarettistische Kleinkunst, die in Form von Zweizeilern, Gedichten, Versen und Kurzkommentaren als humoristisch-satirisches und religionskritisches Programm vor den Augen des Lesers abläuft. Er entlarvt durch seine Verse die Mär vom unendlich barmherzigen Gott. Es sind dies alles Textstellen, die uns weder im Religionsunterricht, noch in der Konfirmandenstunde, noch in sonntäglichen Predigten zu Gehör gebracht wurden. Sie sollen aber – so heißt es – Gottes Wort sein! Nein, danke, kann man dazu nur sagen!
Der ungläubige Klosterhalfen hat eine wahre „Heiden“arbeit geleistet. Buch für Buch hat er sich vorgenommen und in so mancher Hinsicht „bemerkenswerte“ Passagen des Alten Testaments in Reime und Verse umgesetzt und uns durch diese kunstvolle Verfremdung die Augen geöffnet. Und er hat es gleichzeitig geschafft, uns damit ein intellektuelles Vergnügen zu bereiten. Es macht einfach Spaß, seinen süffisant gereimten Kommentierungen einer bronzezeitlichen Vorschrift etwa oder zum Beispiel eines gottbefohlenen Racheakts lesend zu folgen. Auch wenn einem das Wort „Spaß“ mitunter im Hals stecken bleiben mag, bedenkt man die Untaten, die hier – oft sogar im Auftrage Gottes oder durch Gott selbst – geschehen sein sollen.
Aber auch Anrührendes wie die Klagen des Hiob, Kluges wie die Einsichten Kohelets und Schönes wie das Hohelied findet man in Klosterhalfens origineller Teilausgabe der Bibel, der ein zweiter preiswerter Band zum Neuen Testament folgen soll. Am Ende seiner geistreich-poetischen Schrift fragt der Autor sich, was sich wohl jeder Gläubige schon gefragt hat, warum „Er“ sich hier noch nie hat blicken lassen. Das klingt dann so:
Lieber Herrgott, mach mich fromm,
dass ich in den Himmel komm.
Lass dich einfach einmal blicken,
kannst mir auch ‘ne E-Mail schicken:
pantelitz@hotmail.com
PS: Möge es dir bald gelingen,
den Gehörnten umzubringen.