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Kohelet

(Der Prediger Salomo)

Alles ist eitel

(Kohelet, Kap. 1-2)

Besitz, Gewinn: wo ist der Sinn?
Die Erde steht, der Mensch vergeht,
die Sonne auf- und untergeht,
der Wind, der weht, der Wind, der geht.

Der Fluss, der fließt, ins Meer sich gießt
und aus dem Meer kommt Wiederkehr.
Was ist, wird sein. Im Sonnenschein,
im Sonnenlicht gibt´s Neues nicht.

Statt Weisheit ich nur Leiden find,
ich hasch nach Wind, ich hasch nach Wind.
Ich baute Häuser, pflanzte Wein
und Vieh in großer Zahl war mein.

Was ich nur wollte, konnt ich kriegen:
auch Frauen, Rinder, Schafe, Ziegen.
Viel Wissen konnt ich mir erwerben,
doch auch der Kluge muss mal sterben.

Es nützt dir nichts, wenn du viel weißt,
zur Ruhe kommt nicht nachts der Geist.
Geschäft bringt Ärger nur und Sorgen,
es hält dich wach fast bis zum Morgen.

Alles hat seine Zeit

(Kohelet, Kap. 3)

Weinen und klagen, sterben, sich plagen,
töten und tanzen, lieben und pflanzen,
Frieden und Streit hat seine Zeit.
Deshalb hab ich mir gedacht:
Gott hat für uns dies gemacht.

Glück und Besitz sind Geschenke,
kommen von Gott, dies bedenke.
Oft man auch sieht: Unrecht geschieht.
Was auch geschah, es war schon da.

Wir Menschen sind auch nur Tiere

(Kohelet, Kap. 3)

Wir Menschen sollten klar erkennen,
auch wenn wir stolz uns Menschen nennen,
dass Männer, Frauen, Greis und Kind
in Wahrheit auch nur Tiere sind.

Ob Leid, ob Freud, ob Pech, ob Glück:
wir unterliegen dem Geschick.
Denn sterben müssen Mensch und Tier,
wir sind für kurze Zeit nur hier.

Wir sind wie Wind, wie Windeshauch,
es stirbt das Tier, der Mensch stirbt auch.
Der Menschen Atem aufwärts steigt?
Der Tiere Hauch nach unten neigt?

Nur eines ich ganz sicher glaub:
wir sind aus Staub, wir werden Staub.
Wir können Freude nicht genießen,
nachdem wir uns´re Augen schließen.

Freude gibt es dann nicht mehr?
Kohelet, ich mag dich sehr!

Der Mensch kann keine Welt erschaffen,
er ähnelt mehr den Menschenaffen,
ist sterblich wie ein Regenwurm
trotz Goethe, Kant und Kirchenturm.

Glücklich die Toten – elend die Armen

(Kohelet, Kap. 4)

Glücklich die, die nicht mehr leben,
keinem Herrscher untergeben,
der sie schindet mit Gewalt.

Glücklich auch die nie geboren,
niemals einsam und verloren,
ausgebeutet, arm und alt.

Denn wer einsam ist und fällt,
dem hilft niemand auf der Welt.
Niemand hält im Schlaf ihn warm,
niemand leiht ihm seinen Arm.

Unrecht, nutzloser Reichtum und Glück

(Kohelet, Kap. 5)

Vom Unrecht sei nicht überrascht,
dies gilt für die Gerichte auch.
Wer Luxus liebt, nach Windhauch hascht,
es schläft nicht gut der volle Bauch.
Nackt wird jeder Mensch geboren,
Reichtum geht sehr oft verloren.
Nackt muss er dann wieder gehen,
solches konnte oft ich sehen.

Glücklich ist, wer trinkt und isst,
Freude hat, den Tod vergisst.

Kohelet warnt vor den Frauen

(Kohelet, Kap. 7)

Der Frauen Arme sind wie Ketten,
wem Gott wohlwill, der kann sich retten.

Kohelet rät, das Leben zu genießen

(Kohelet, Kap. 9)

Iss dein Brot und trink vom Wein,
denn was ist, das soll so sein.
Gott hat es so festgelegt,
auch, wer frische Kleider trägt.

Gieße Duftöl auf dein Haupt,
tue, was die Hand erlaubt.
Lieb dein Weib, genieß das Leben,
das der Herr dir hat gegeben.

Es zählt weder Tun noch Geld,
bist du in der Unterwelt.
Nicht die Schnellen werden siegen,
nicht die Tapf´ren in den Kriegen.

Nicht die Klugen werden reich:
Zeit und Zufall machen gleich.

Wichtig ist es zu erfassen,
was der Welt wir hinterlassen,
wenn wir aus dem Leben scheiden.
Haben wir der Welt genützt,

Kinder und Natur beschützt,
linderten wir Not und Leiden?
Gar nichts können wir mehr tun,
wenn wir in der Erde ruh´n.

Leben auch noch nach dem Tode
ist zwar immer noch in Mode,
doch wir sollten gleich den Tieren
uns aufs Diesseits konzentrieren.
Wir beschützen den Planeten
nicht indem wir für ihn beten.

Die Frage „Mensch, wo kommst du her?“
gefällt mir philosophisch sehr.
War es ein Teich, ein See, das Meer?

Wer fragt „Oh Mensch, wo gehst du hin?“,
glaubt fest an einen Neubeginn,
sonst wär´ die Frage ohne Sinn.

Die Frage „Mensch, was machst du hier?“
gefällt jedoch am besten mir.
Denn was wir nehmen, was wir geben,
ist die Essenz von unserm Leben.