Startseite » Religionsunterricht » Religionsunterricht

Religionsunterricht

Sowohl die Judenverfolgung als auch die Angriffskriege unter Hitler wurden wesentlich von den Kirchen unterstützt. Das hat sie nicht daran gehindert, sich nach 1945 als organisatorisch gut erhaltene und immer noch hoch angesehene Institutionen aus der Asche zu erheben und massiv Einfluss auf die Politik zu nehmen. Dies geschah auch auf der Ebene der für die Kultur – und damit für die Schulen – zuständigen Länder und Kommunen. Das Reichskonkordat, das Hitler schon 1933 mit dem Papst geschlossen hatte, gilt bis heute und wird auch auf die EKD angewendet. Ab 1990 sind die Kirchen der BRD auch wieder in der ehemaligen DDR religiös und politisch tätig und dort trotz geringer Mitgliederzahl sehr einflussreich.

Die Situation ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. In der sächsischen Verfassung steht: „Die Bedeutung der Kirchen und Religionsgemeinschaften für die Bewahrung und Festigung der religiösen und sittlichen Grundlagen des menschlichen Lebens wird anerkannt.“ In der Verfassungspräambel von Thüringen heißt es: „und auch in Verantwortung vor Gott“. Der ehemalige Verwaltungsrichter Gerhard Czermak schreibt dazu in dem Ratgeberbuch „Konfessionslos in der Schule“ auf Seite 24, die Verfassungen von Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein „enthalten keine Bestimmungen, die in religiös-weltanschaulicher Hinsicht auffällige Besonderheiten enthielten. … Insgesamt ist festzustellen, dass vorwiegend die Verfassungen von bevölkerungsstarken Ländern der alten Bundesrepublik zum Teil sehr deutlich religiöse Prägungen enthalten: Baden-Württemberg, Bayern (hauptsächlich Grund- und Hauptschulen), Nordrhein-Westfalen, Saarland.“

Aus atheistischer Sicht ist die Situation in NRW besonders übel:

„Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen und Bereitschaft zum sozialen Handeln zu wecken, ist vornehmstes Ziel der Erziehung.“ (§7,1 der Landesverfassung, § 2,2 Schulgesetz)

„Der Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach an allen Schulen mit Ausnahme der Weltanschauungsschulen (bekenntnisfreien Schulen). Er wird nach Bekenntnissen getrennt in Übereinstimmung mit den Lehren und Grundsätzen der betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft erteilt.“ (Schulgesetz, 2005/2021, § 2,1)

Diese Vorschriften sind verfassungswidrig. Im noch gültigen § 137 WRV steht nämlich: „Es besteht keine Staatskirche.“ NRW hat sich trotzdem verpflichtet, an praktisch allen Schulen kirchlich überwachten Religionsunterricht anzubieten und ihn einschließlich der Kosten für die Ausbildung und Tätigkeit der Religionslehrer auch zu bezahlen. Außer den 1889 Gemeinschaftsgrundschulen gab es 2020/21 in NRW 803 katholische, 89 evangelische und 5 weitere weltanschaulich definierte Grundschulen. Dadurch werden viele befreundete Kinder getrennt und es werden ihnen (und oft auch ihren Eltern) unnötig lange Schulwege zugemutet. Weniger als die Hälfte der Schüler/innen von Bekenntnisschulen (bzw. deren Eltern) haben das „richtige“ Bekenntnis. Gegen diese aberwitzigen Bekenntnisschulen protestiert seit 2009 die überkonfessionelle Bürgerinitiative „Kurze Beine – Kurze Wege“: https://kurzebeinekurzewege.de .

Auch konfessionsfreie Eltern müssen über ihre Steuern den Religionsunterricht, theologische Fakultäten, Bischofsgehälter und die Bekenntnisschulen mitbezahlen. Dies steht auch im Widerspruch zu Artikel 3 (3) GG: „Niemand darf wegen … seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Diese Privilegierung der Kirchen und ihrer Mitglieder bei gleichzeitiger Benachteiligung des Rests der Bevölkerung beruht auf der irrsinnigen Vorstellung, die Verbreitung der von den beiden großen Kirchen vertretenen irrationalen Glaubensinhalte würde einem – auch später – friedlichen Zusammenleben von „römisch-katholischen“ (30.8 %), „konfessionslosen“ (21.3 %), „evangelischen“ (20.4 %), „muslimischen“ (20.2 %) und „sonstigen gläubigen“ Kindern dienen. (Zahlen vom Schuljahr 2020/21) Tatsächlich hat das Christentum aber in fast 2000 Jahren immer wieder unter Beweis gestellt, dass es Intoleranz, Unterdrückung, Mord und Totschlag befördert: https://reimbibel.de/KG.htm . Und es ist natürlich auch heute nicht zu erwarten, dass durch gezielte religiöse Indoktrination und schulische Trennung sich z.B. jüdisch und islamisch erzogene oder katholisch und religionsfrei sozialisierte Kinder als Schüler und später auch als Erwachsene besser miteinander vertragen werden.

Man kann viel Geld, Mühe und späteren Streit sparen, wenn alle Kinder Fächer wie Religionskunde, Lebenskunde, Ethik, Philosophie und Psychologie gemeinsam besuchen und dort lernen, mit weltanschaulichen und mentalen Unterschieden gelassen umzugehen. Dort kann Wissen vermittelt, über ethische und Sinnfragen gesprochen und in Projekten soziales Verhalten geübt werden.

Religionen trennen, spalten,
weil „die Wahrheit“ sie verwalten,
sich für überlegen halten.

Doch um Zukunft zu gestalten,
hilft uns nicht das Händefalten.

Wir erhalten den Planeten
nicht, indem wir für ihn beten.

Die den Glauben progagieren
sollten langsam mal kapieren,
dass sie sich nur noch blamieren,
wenn sie über „Gott“ dozieren.
Die den Unsinn kultivieren
kann und muss man kritisieren,
wenn sie Kinder infizieren,
drohen und moralisieren
und oft Andre diffamieren.
Schüler soll man motivieren,
dass sie nicht den Quatsch goutieren,
den oft Lehrer präsentieren,
wenn sie frömmelnd spekulieren,
wenn sie Blödsinn implantieren.

Natürlich sind nicht alle Religionslehrer/innen komplett neben der Spur. Nicht wenige von ihnen werden schon vor oder während ihres Studiums vom Glauben abgefallen sein. Und die Mehrheit wird die Bibel nicht für das Wort Gottes halten. Die Erosion des Glaubens hat ja inzwischen weite Kreise erfasst. Schade ist nur, dass sie alle in einem überholten System arbeiten und tendenziell die Spaltung von Kindern und Jugendlichen chronifizieren.

https://reimbibel.de