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Mutter Teresa – Komm, sei mein Licht! Die geheimen Aufzeichnungen der Schein-Heiligen von Kalkutta

Besprechung des Buchs:

Mutter TeresaKomm, sei mein Licht! Die geheimen Aufzeichnungen der Heiligen von Kalkutta
Herausgegeben und kommentiert von Brian Kolodiejchuk
Pattloch, gebundene Ausgabe, 2007

Die Finsternis im Herzen der „Mutter“ Teresa
Gegen den Willen der Verstorbenen hat Brian Kolodiejchuk zahlreiche Briefe und Notizen von „Mutter“ Teresa veröffentlicht,
die die innere Verzweiflung dieser leidenschaftlichen und an ihrem Glauben leidenden katholischen Missionarin dokumentieren.

Anjezë Gonxhe Bojaxhiu, geboren 1910 in Skopje, hat sich als ein Werkzeug Gottes gesehen:
„Gott liebt die Welt heute so sehr, dass Er Sie gibt, dass Er mich gibt, um die Welt zu lieben, um seine Liebe zu sein, sein Mitleid.“ (S. 343)    Sie war als „Braut Christi“ geradezu süchtig nach dem Leiden, dem eigenen und dem Anderer. Sie wollte Jesus in Schmerz, Elend und seelischer Not nahe sein, in den Gepeinigten begegnen: „Ich möchte eine Heilige werden, indem ich das Dürsten Jesu nach Liebe und nach Seelen stille.“ (S. 172) „Leiden, Schmerz, Versagen – ist nichts anderes als ein Kuss von Jesus, ein Zeichen dafür, dass du Jesus am Kreuz so nahe gekommen bist, dass Er dich küssen kann.“ (S. 327) „Wir müssen das Dürsten eines unendlichen Gottes stillen, der vor Liebe stirbt. Nur totale Hingabe kann den brennenden Wunsch einer wahren Missionary of Charity erfüllen. Sein Sühneopfer zu sein – zu seiner Verfügung zu stehen.“ (S. 383)

An einer Verbesserung der Lebensumstände der Armen in Kalkutta, von deren eigener Religion in dem ganzen Buch nicht die Rede ist, war sie wenig interessiert: „Wir sind keine Sozialarbeiter. Wir sind kontemplative [=beschauliche] Schwestern im Herzen der Welt. 24 Stunden am Tag sind wir mit Jesus.“ (S. 332) „Die Armen sind verbittert und leiden, weil sie nicht das Glück kennen, die die Armut mit sich bringen kann, wenn sie für Christus ertragen wird …“ (S. 114)

Wieviele Hindus die „Schwestern der Wohltätigkeit“ auf welche Weise missioniert haben, wird in Teresas Niederschriften nicht erörtert.

Anrührend ist die Beschreibung ihrer inneren Not von 1950 an (Gründung des Ordens) bis zu ihrem Tod im Jahr 1997: „Der Platz Gottes in meiner Seele ist leer“ (S. 13); „Herr, mein Gott, wer bin ich, dass Du mich im Stich lassen solltest? Das Kind Deiner Liebe – das nun meistgehasste – dasjenige, das Du weggeworfen hast als unerwünscht – ungeliebt.“ (S. 220); „Die Einsamkeit des Herzens, das nach Liebe verlangt, ist unerträglich. – Wo ist mein Glaube? – Selbst tief drinnen in meinem Innersten ist nichts als Leere & Dunkelheit. … Wenn es einen Gott gibt, verzeih mir bitte.“ (S. 221); „Was tust Du, Mein Gott, jemand so Kleinem an?“ (S. 222); In meiner Seele fühle ich eben diesen furchtbaren Schmerz des Verlustes – dass Gott mich nicht will – dass Gott nicht Gott ist – dass Gott nicht wirklich existiert …“ (S. 227)

Das Buch ermüdet durch seine ständigen Wiederholungen. In den Briefen und sonstigen Äußerungen der Ordensgründerin, der Kirchenführer, denen sie ihre inneren Qualen anvertraute, sowie in den häufigen Kommentaren des Herausgebers ist immer wieder das Gleiche zu lesen. Die geheimen Aufzeichnungen der „Heiligen von Kalkutta“ sind aber trotzdem lesenswert, denn sie gewähren einen einzigartigen Blick hinter die Fassaden der alleinseligmachenden katholischen Kirche und zeigen, dass diese weltweit bejubelte „Ikone der Nächstenliebe“ zumindest in der zweiten Hälfte ihres langen Lebens eine arme, verlorene Seele war.

Wolfgang Klosterhalfen, 28.9.2010

Weitere Informationen und Links zu „Mutter“ Teresa, die im Herbst 2016 heilig gesprochen werden soll: www.reimbibel.de/Teresa.htm