„Das Kreuz Jesu tritt an die Stelle aller anderen Kult-Akte als die einzig wirkliche Verherrlichung Gottes, in der sich Gott selbst verherrlicht durch den, in dem er uns seine Liebe schenkt und so uns zu sich hinaufzieht.“
Joseph Ratzinger: Jesus von Nazareth, Band 2, Freiburg 2011, S. 247
Was Christen heute noch beklagen:
Sie haben ihn ans Kreuz geschlagen.
Mark 15 (24) Matt 27 (35) Luk 23 (33)
Ich glaub, er rief den Vater an,
ob der ihm Leid ersparen kann.
Ich glaub, dass Jesus sich entschloss,
ich diene trotzdem meinem Boss.
Mark 14 (35-36) Luk 22 (42)
Ich glaub, ein Engel stärkte Christ,
dass er nicht ganz verzweifelt ist.
Ich glaub, er litt nicht wirklich gern,
doch war’s beschlossen so vom Herrn.
Matt 27 (50) Luk 22 (43)
Ich glaub, mit der Dreieinigkeit
war es am Kreuze nicht sehr weit.
Ich glaube, jeder ist gestresst,
wenn ihn sein Vater martern lässt.
Ich glaub, er konnte es nicht fassen:
„Warum hast du mich denn verlassen?“
Mark 15 (34) Matt 27 (46) Psalm 22 (2)
Es ist rein logisch nicht zu fassen:
Am Kreuz hat Gott sich selbst verlassen?
Doch lese ich an anderm Orte
ganz andre letzte Jesusworte:
Laut Lukas sagte er am Ende:
„Ich gebe mich in deine Hände.“
Psalm 22 (2) Luk 23 (46)
Johannes schrieb: „Es ist vollbracht.“
Hat der sich das nur ausgedacht?
Psalm 31 (6) Joh 19 (30)
Oft kognitive Dissonanz
entsteht, liest man die Bibel ganz.
Am Kreuze sprach der Heiland dies:
„Wir seh´n uns heut´ im Paradies.“
Schon wieder so ein Widerspruch
in Gottes Offenbarungsbuch.
Er stieg nicht ab ins Totenreich,
die Himmelfahrt begann sogleich?
Luk 23 (39-43)
Ich glaub, die Erde hat gebebt,
und mancher Tote hat gelebt.
Die Toten liefen durch die Stadt,
was viele sehr gewundert hat.
Matt 27 (52-56)
Das Erdbeben und die Auferstehung sind historisch nicht belegt.
Ich glaub als guter, frommer Christ,
dass Er für mich gestorben ist.
Ich glaub, es war nicht nur geprahlt,
dass Er für meine Sünden zahlt.
Weil ich vorm Herrn ein Sünder bin,
gab Er für mich sein Leben hin.
Er überwand die böse Welt
und zahlte für mich Lösegeld.
1 Kor 15 (3) Epheser 1 (7) 2 Kolosser 1 (14) Tess 5 (10) Mark 10 (45) 14 (24) Matt 20 (28)
Ich glaub, ich fress ´nen Hirtenstock:
des Herren Sohn als Sündenbock?
Warum so indirekt versöhnlich,
warum kam Gott nicht höchstpersönlich?
Auch bleibt zu fragen ganz konkret:
warum kam Jesus denn so spät?
Und tot war Christ nur kurze Zeit?
O Christenheit, o Christenheit!
„Auch die selige Jungfrau ging den Pilgerweg des Glaubens. Ihre Vereinigung mit dem Sohn hielt sie in Treue bis zum Kreuz, wo sie nicht ohne die göttliche Absicht stand, heftig mit ihrem Eingeborenen litt und sich mit seinem Opfer in mütterlichem Geist verband, indem sie der Darbringung des Schlachtopfers, das sie geboren hatte, liebevoll zustimmte.“
(Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 964)
Das ist geistig liederlich,
einfach nur ganz widerlich!
Als Jesus Christ am Kreuze litt,
litt kaum ein Jünger mit ihm mit.
Die meisten hatten sich verpieselt,
dabei hat es nicht mal genieselt.
Ich glaub, es ist schon ziemlich mutig
zu sagen: Jesu Tod war blutig.
Man hat sich doch schon früh geeinigt:
Er ward gekreuzigt, nicht gesteinigt.
Als man ihn mit der Lanze ritzte,
das Blut aus Jesu Seite spritzte.
Joh 19 (34)
Aus Wunden kommt nur dann noch Blut,
wenn´s Herz ein wenig schlagen tut.
War Jesus da schon wirklich tot?
O Glaubensnot, o Glaubensnot!
Das Instrument der Todesqual
war nicht ein Kreuz, es war ein Pfahl:
In dem in griechischer Sprache verfassten Neuen Testament steht nichts von einem Kreuz. Die Rede ist von „stauros“ (Pfahl) und „xylos“ (Holz, Baum, Balken). Möglicherweise wurde Jesus getötet und erst danach an einem Pfahl zur Schau gestellt.
Ich glaub, Gott schickte seinen Sohn
von seinem allerhöchsten Thron.
Er wollte nicht schon wieder fluten,
denn so was trifft ja auch die Guten.
Was Eva tat, ward mir verziehn,
vom Himmel kam die Medizin.
Der Kreuztod wirklich nötig war?
Bis heute ist das nicht ganz klar.
Ich glaub, dass Gott mit Jesus litt,
vielleicht bereut er diesen Schritt.
Doch wäre das ja Selbstmitleid
von wegen der Dreifaltigkeit.
Ich glaub, der Herr hat’s gut gemeint,
auch wenn es nichts zu nützen scheint.