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Der Jungfrauensohn

Ich glaub, Gott ist ein Gott der Liebe,
doch fremd sind ihm gewisse Triebe.
Ich glaub, Gott ist nicht selbst gekommen,
zumindest sagen das die Frommen.

Ich glaub, es war der Heil’ge Geist,
der manchmal für den Herren reist.
Ich glaub, dass er sie überkam,
und sich dabei diskret benahm.


Ich glaub, er hat sie nicht begattet,
sie ward von ihm nur überschattet.
Ich glaub, dass er sie nicht mal küsste,
der Geist kennt keine Fleischgelüste.


Der Geist ist weder scharf noch wild,
wie man das kennt vom „Ebenbild“.
Hatte Gott Geschlechtsverkehr?
Kenner zweifeln daran sehr.


Zwar zeigt Gott sehr oft Gefühle,
aber dieses Sex-Gewühle,
dieses Küssen, Drängen, Gieren,
dies Umschlingen, Sezernieren,


um die Art zu propagieren,
würde Gott desavouieren.
Andre Götter vögeln rum,
unserm Herrn ist das zu dumm.


Denn ein Gott, der auf sich hält,
überlässt den Sex der Welt.
Maria war gebenedeit,
sie war zur Mutterschaft bereit.


Woher man dieses heute weiß?
Wer mir das sagt, bekommt ´nen Preis.
Vielleicht hat Josef rumerzählt:
„Maria wurde auserwählt!“


Der Engel hat sie nicht gefragt,
doch hat sie schnell noch ja gesagt.
Dafür wird sie vom Volk verehrt,
das Volk liegt eben oft verkehrt.


Ich glaub, sie liebte Gott den Herrn
und wurde von ihm schwanger gern.
Luk 1 (35,46-55)


Ob Mary wirklich Jungfrau war,
als sie den Knaben einst gebar?
Denn „almah“ heißt nur „junge Frau“,
´ne Jungfrau „bethula“ genau.


Da „almah“ in der Quelle steht,
kam es zur Jungfrau per Dekret.
Die Griechen sagten „parthenos“,
aus der der Heiland dann entspross.


Dem Markus war wohl nicht ganz klar,
dass Mary immer Jungfrau war.
Er schrieb viel auf nach Jesu Tod
und war vermutlich kein Idiot.


Auch Paulus wusste nichts davon,
Matthäus zwar, jedoch nicht John.
Auch Jesus war wohl selbst nicht klar,
dass seine Mutter Jungfrau war.


Albertus Magnus, von Aquin
bekämpften die Virgin-Doktrin.
Die Katholiken glauben stur:
Marias Leib zum Himmel fuhr.


Was manchen auf die Nerven geht,
weil davon in der Schrift nichts steht.
Die Sache mit der Jungfernhaut:
von Mithras hat man’s abgeschaut.


Ganz ähnlich ging’s beim Pharao,
in Babylon und anderswo.
Bei jedem großen Göttersohn
gehörte das zum Standard schon.


Wenn Pfarrer der EKD das Glaubensbekenntnis sprechen, sollte man genau hinhören. Einige nuscheln nämlich: „geboren von der jungen Frau Maria“.

„…der griechische Halbgott Perseus wurde geboren, nachdem Zeus die Jungfrau Danae in Gestalt eines Goldregens besucht und geschwängert hatte. Buddha kam durch eine Öffnung in der Hüfte seiner Mutter zur Welt. Der Aztekengott Huitzilopochtli wurde geboren, nachdem seine Mutter Coatlicue, die mit dem Schlangenrock, einen kleinen Daunenfederball aus dem Himmel empfangen hatte. Die Jungfrau Nana pflückte die Frucht eines Mandelbaums, der aus dem Blut des erschlagenen Urwesens Agdistis aufgegangen war, legte sie sich in den Schoß und gebar den Gott Attis. Die jungfräuliche Tochter eines Mongolenkönigs erwachte eines Nachts von einem grellen Licht, das sie umgab, und gebar den Dschingis Khan. Krishna wurde von der Jungfrau Devaki geboren, Horus von der Jungfrau Isis. Die Jungfrau Maia gebar Hermes, die Jungfrau Rhea Silvia Romulus.“ Christopher Hitchens: Der Herr ist kein Hirte. München 2007, S. 36.

Es bleibt des Geistes Vaterschaft
bis heute ziemlich rätselhaft.
Denn schwanger werden ohne Samen,
das fällt ein wenig aus dem Rahmen.


Ich glaube, der Mariensohn
war so was wie ein Gottesklon
und war mit Jahwe wesensgleich.
Wer´s glaubt, erwirbt das Himmelreich.


Im Jahr 325 veranstaltete Kaiser Konstantin I. das Bischofs-Konzil von Nicäa. Es wurde entgegen der Lehre des Arius beschlossen, dass Gott und Jesus wesensgleich seien.


Ich glaube, dass die Hirten
sich hier ein wenig irrten:
„Maria ist Jungfrau geblieben, als sie ihren Sohn empfing, Jungfrau, als sie ihn gebar, Jungfrau als sie ihn trug, Jungfrau, als sie ihn an ihrer Brust nährte. Allzeit Jungfrau“ (Augustinus). Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 510


Die Jungfernschaft sah Benedikt
vor vielen Jahren nicht so strikt:
„Die Gottessohnschaft Jesu beruht nach dem kirchlichen Glauben nicht darauf, dass Jesus keinen menschlichen Vater hatte; die Lehre vom Gottsein Jesu würde nicht angetastet, wenn Jesus aus einer normalen menschlichen Ehe hervorgegangen wäre.“
Joseph Ratzinger: Einführung in das Christentum. München 1968, S. 225.